Das Programm Babylotse
Das Programm Babylotse richtet sich an junge Familien in der Zeit der Schwangerschaft und frühen Kindheit. Speziell qualifizierte Babylots*innen beraten Familien bereits in der Frauenarztpraxis bzw. der Geburtsklinik, um frühzeitig psychosoziale Belastungen zu erkennen und eine erfolgreiche Vermittlung an geeignete Hilfen zu ermöglichen. So werden wiederholt systematische und verbindliche Brücken zwischen dem Gesundheitssystem und anderen sozialen Sicherungssystemen errichtet sowie geeignete, niedrigschwellige und nicht stigmatisierende Zugangswege gerade zu hoch belasteten Familien geschaffen.
Die Wirkungslogik der Babylots*innen
Die Wirkung der Babylots*innen wird am Modell einer Wirkungstreppe dargestellt. Dabei entsprechen die Stufen eins bis drei dem Output, die Stufen vier bis sechs der individuellen Wirkung (Outcome) und die Stufe sieben einer gesamtgesellschaftlichen Wirkung (Impact). Die primäre Zielgruppe der Arbeit der Babylots*innen sind die Kinder. Als sekundäre Zielgruppe wird die Familie gestärkt und mit den notwendigen Hilfen versorgt, damit das Kind möglichst gute Entwicklungschancen hat.
Feedback der unterstützten Familien
Insbesondere die Freitexte geben uns gute Hinweise auf die Zufriedenheit der Eltern und die Passgenauigkeit unseres Angebotes für die Familien.
Zielerreichung 2024
Im Jahr 2024 konnten viele der gesetzten operativen Ziele erreicht oder in ihrer Umsetzung deutlich vorangetrieben werden. Insbesondere die angestrebte Stabilisierung der Prozesse in den Kliniken, die Stärkung der multiprofessionellen Teams und die verbindliche Umsetzung des Selektivvertrags KID-PROTEKT in der ambulanten Versorgung markieren Meilensteine für die Weiterentwicklung des Programms „Babylotse Hamburg“.
Babylotse in der Geburtsklinik
Das Jahr 2024 war ein herausforderndes Jahr. Die Kompensation von Langzeitausfällen sowie Vakanzen haben viel vom Team der Babylotsen in Geburtskliniken sowie im Bereich Psychosoziale Kurzintervention abverlangt.
Auch das unterschiedlich schnelle Voranschreiten der Digitalisierung klinikinterner Prozesse im Zuge des Krankenhauszukunftsgesetzes stellte weiterhin besondere Herausforderungen an die Babylotsinnen. Um hier Prozessverschiebungen oder -einbrüche zu vermeiden, standen die Babylotsinnen wieder in intensivem Austausch mit den klinikinternen Schnittstellen.
Neben Belastungsfaktoren gab es allerdings auch Erfolge zu feiern. So konnte im Februar nach langer Arbeitsphase ein veränderter Anhaltsbogen verabschiedet werden, der in der Folge des Jahres in fast allen Kliniken erfolgreich implementiert wurde. Im September 2024 folgte das Qualitätssiegel des Qualitätsverbundes Babylotse, welches der Standort Hamburg erfolgreich absolviert und bestanden hat. Ebenso im September fanden die Feierlichkeiten zum 20-jährigen Jubiläum der Stiftung SeeYou statt - auch für die Babylotsen ein denkwürdiger Moment.
Bezüglich der konkreten Leistungen in den Geburtskliniken ist zu bemerken, dass die Anzahl der Geburten in den teilnehmenden Kliniken weiterhin rückläufig war. Prozentual lag der Rückgang bei -3 % und damit leicht höher als der Geburtenrückgang auf ganz Hamburg betrachten. Dieser lag 2024 im Vergleich zu 2023 bei -1 %.
Was die Anzahl der ausgefüllten Anhaltsbögen betrifft, konnte diese um 5 % gesteigert werden. Insgesamt wurden 10.845 Anhaltsbögen ausgewertet und weiterverarbeitet. Eine erfreuliche Entwicklung, die zurückzuführen ist auf im Wesentlichen zwei Faktoren: Zum einen auf die intensiven Bemühungen der Kolleginnen Prozessstörungen zu erkennen, die zugrunde liegenden Ursachen zu analysieren und mit den Beteiligten in engen Austausch hierüber zu gehen. Zum anderen haben die Schulungen im Zuge der Einführung des umgearbeiteten Anhaltsbogens dazu beitragen, Prozesse zu schärfen, Wissen beim durchführenden Personal anzureichern und damit insgesamt zu mehr Sicherheit im Umgang mit dem Anamnesebogen geführt.
Mit einer gestiegen Anzahl an ausgefüllten Anhaltsbögen bei einem gleichzeitigen Rückgang der Geburten ist demzufolge auch die Screeningrate gestiegen (+5 %) und verzeichnet seit 2022 eine Steigerung von insgesamt 10 % auf 74 %. Damit konnte die Screeninglücke erneut weiter geschlossen werden.
Über alle Kliniken hinweg lag die Anzahl der im Jahr 2024 bearbeiteten Fälle 3,6 % über der Prognose und mit einer deutlichen Steigerung im Bereich PsKi (+110 %) leicht höher als im Vorjahr trotz 7,3 % weniger Clearings.
Was den Aspekt der Vernetzung angeht, zeigen die Zahlen für 2024 einen deutlich positiven Trend. Die Anzahl der Empfehlungen stieg um 9,5 %, die Anzahl der Überleitungen sogar um 52 %.
Bei den grundsätzlichen Themen, die die Babylotsinnen mit den Familien bearbeitet haben, zeigt sich, dass weiterhin der Fokus auf psychischen Belastungen der Eltern, der Erweiterung und/oder Aktivierung des persönlichen Netzwerkes, Geburtsvorbereitung und –nachsorge sowie medizinscher Versorgung und Melderecht lag. Ein aus der Praxis wahrgenommener Anstieg psychisch belasteter Eltern zeigt sich zwar in der Statistik, allerdings (noch) nicht so deutlich. Es bleibt abzuwarten, ob sich dieser Trend 2025 fortsetzt.
Babylotse in der Arztpraxis
In 2024 erfolgten weiterhin die bereits in 2023 begonnenen Schritte zur Implementierung von Babylotse in der Arztpraxis im Rahmen des Selektivvertrags KID-PROTEKT und damit zur Umsetzung der neuen Versorgungsform. Hierfür wurden weitere Praxen akquiriert und das Praxispersonal wie geplant qualifiziert. Insgesamt hat sich im Berichtsjahr gezeigt, dass die Implementierung der (neuen) Arbeitsabläufe in den oftmals bereits hoch ausgelasteten Praxisalltag mehr Zeit und eine engere Begleitung in Anspruch nimmt, als anfänglich erwartet.
Das Thema Kinderschutz in Arztpraxen wurde durch die Gründung einer kleinen internen Arbeitsgruppe bewegt, die fortan die Praxen informieren und motivieren werden, sich fachlich und konzeptionell in Bezug auf Kinderschutz gut und sicher aufzustellen.
Ein Nutzer*innenbeirat wurde wie geplant ins Leben gerufen und ein erstes konstituierendes Treffen wurde terminiert. Dieser Beirat wird gegründet, um die Expertise der (ehemaligen) Nutzer*innen zur Weiterentwicklung und Qualitätssicherung des Angebots Babylotse strukturell zu verankern.
Psychosoziale Kurzintervention
Aus den Ergebnissen 2024 kann klar resümiert werden, dass die Leistung Psychosoziale Kurzintervention nach wie vor geeignet und notwendig ist, um die Zielgruppe im vereinbarten Umfang durch die Fachkraft zu erreichen und die Ziele der Hilfe zu verfolgen. Eine so umfassende Begleitung kurzfristig sicher zu stellen, wäre bei gleichzeitiger Zuständigkeit für frisch Entbundene in der stationären Geburtshilfe nicht umsetzbar. Die Überleitungszahlen nach der vorgenommenen Umsteuerung des Zugangs zu PsKi bestätigen dies.
Die Evaluation der Leistung bewährt sich weiterhin: eine schnelle, unkomplizierte und intensive Unterstützung durch die Psychosoziale Kurzintervention kann Belastungen reduzieren und Krisen vorbeugen.
In der Gesamtbetrachtung der abgeschlossenen Fälle verzeichnen wir für 2024 eine Steigerung von 110 % im Vergleich zum Vorjahr und ziehen hiermit ein klar positives Resümee, was die vorgenommenen Umsteuerungsmaßnahmen angeht. Innerhalb der 78 PsKi-Interventionen wurden 18 Beratungen, 7 Kurzfälle und 53 Intensivfälle abgeschlossen.
In Bezug auf die Zugangswege hat sich das Verhältnis Arztpraxen und Geburtskliniken im Vergleich zum Vorjahr verändert. Im Berichtsjahr wurden 82 % aus den Geburtsklinken übergeleitet, 10 Fälle (13 %) kamen aus dem Bereich Arztpraxen. 73 % aller Fälle waren postpartal angesiedelt.
Was die Indikationen bei Beginn der Psychosozialen Kurzintervention angeht, stellen wir fest, dass „Psychische und emotionale Belastungen/Erkrankungen“ gleich stark wogen wie die Indikation „Flüchtlinge/Migration“.
Im Fallverlauf wurden am meisten die Themen:
- Senkung von Barrieren zur Inanspruchnahme notweniger Hilfen
- Aktivierung privater Netzwerke und
- Psychische / Emotionale Belastungen der Eltern
bearbeitet.
In 15 % der Fälle wurde an das zuständige Familienteam übergeleitet. In 13 % (+2 % im Vgl. zu 2023) der Fälle war der ASD involviert. In allen 10 Fällen erfolgte die Überleitung an den ASD durch die fallführende Babylotsin der Psychosozialen Kurzintervention.
Zielplanung 2025
Folgende operative Ziele werden für das Jahr 2025 gesetzt:
Basierend auf den bisherigen Entwicklungen und Herausforderungen setzt die Stiftung SeeYou für das Jahr 2025 ambitionierte, aber realistische Ziele in der Weiterentwicklung und Qualitätssicherung des Programms Babylotse Hamburg. Die nachfolgenden Ziele sind eng abgestimmt mit der Sozialbehörde, den Kooperationspartner*innen in Kliniken und Praxen sowie den Erkenntnissen aus Evaluation und Qualitätsmanagement.
- Erreichung der im Rahmen der Antragstellung 2025 gestellten Kennzahlenprognose.
- Einführung eines Dokumentationsprogramms, mit dem die Leistung Babylotse zuverlässig und schneller erfasst, monitort und berichtet werden kann.
- Sicherstellung der qualifizierten Babylotsentätigkeit.
- Überarbeitung des Fachkonzeptes Babylotse
- Prozesssicherheit für und in alle(n) kooperierende(n) Gesundheitseinrichtungen.
- Verbesserung des präventiven Kinderschutzes in Hamburger Kooperationspraxen und –kliniken.
- Verbesserung der Leistung Babylotse angepasst an die Bedürfnisse der Adressat*innen.
- Verbesserung der Adressatenansprache durch Neugestaltung der Flyer.
- Optimierung und Ausbau einer zielgerichteten Steuerung der Ressourcenpriorisierung in der Netzwerkarbeit.
- Stabilisierung der Zusammenarbeit mit den Familienteams und Mütterberatungen.
- Etablierung der Leistung Babylotse in Arztpraxen in den einschlägigen Netzwerken.
- Präsentation in verschiedenen fachlichen Runden in medizinischen und Frühe Hilfen Hilfesystemen.
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Jahres- und Wirkungsbericht 2022
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