Innovationsfondsprojekt KID-PROTEKT

Aufbauend auf den positiven Erfahrungen aus der Zusammenarbeit von Babylots*innen mit gynäkologischen und pädiatrischen Arztpraxen in Hamburg und Niedersachsen war es das Ziel des Forschungsprojekts KID-PROTEKT (Kindzentrierte Psychosoziale Grundversorgung im ambulanten Sektor), evidenzbasierte Empfehlungen für eine bundesweite Regelversorgung und -finanzierung zu erarbeiten.

Dadurch sollen die Voraussetzungen für eine flächendeckende, qualitätsgesicherte Einführung von Lotsendiensten in Arztpraxen geschaffen werden. Im Zentrum der vom Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) geförderten und in Kooperation mit dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) und der AOK Rheinland/Hamburg – Die Gesundheitskasse durchgeführten Studie stand folgende Forschungsfrage:

Wie kann es unter Effektivitäts- und Effizienzgesichtspunkten am besten gelingen, Familien mit einem psychosozialen Unterstützungsbedarf aus der Arztpraxis passgenau in bestehende Angebote der Frühen Hilfen sowie der Kinder- und Jugendhilfe und anderer sozialer Sicherungssysteme weiterzuleiten?

Das Forschungsdesign sah vor, ein lotsengestütztes Verfahren – „Supported Treatment (ST)“ – mit einer ausschließlich auf Qualifizierung des Praxispersonals basierenden Variante – „Qualified Treatment (QT)“ – als neue Versorgungsformen gegenüber dem „Treatment as usual (TAU)“ in einem clusterrandomisierten Kontrollgruppenvergleich zu untersuchen. Bei der Variante Supported Treatment hatten Schwangere und Familien die Chance auf Beratung durch eine*n Babylots*in.
Die Durchführungsregion umfasste Hamburg sowie angrenzende Landkreise in Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Geplant war der Einschluss von insgesamt rund 8.775 Familien über einen Zeitraum von 1,5 Jahren. Das Projekt wurde im August 2021 erfolgreich abgeschlossen.

Primäre Zielgruppe:

  • Inhaber*innen und Praxispersonal von gynäkologischen und pädiatrischen Arztpraxen in Hamburg und der zugehörigen Metropolregion (angrenzende Kreise in Niedersachsen und Schleswig-Holstein)

Sekundäre Zielgruppe:

  • Kassenärztliche Vereinigungen und Berufsverbände als berufsständische Vertretung ambulant tätiger Gynäkolog*innen und Pädiater*innen
  • Gesetzliche Krankenversicherungen und Kommunen als Kostenträger
  • Akteur*innen der Gesundheits- und Sozialpolitik

Zielerreichung KID-PROTEKT 2021

  • 9.000 Schwangere und Familien wurden erreicht

    Die Datenerhebung und -auswertung wurde planmäßig abgeschlossen: Über 9.000 Schwangere und Familien wurden mit dem Projekt erreicht.

  • Empfehlungen für eine Weiterentwicklung der Regelversorgung

    Bei der abschließenden digitalen Sitzung des Fachbeirats sowie in drei Unter-Arbeitsgruppen wurden konkrete Empfehlungen für eine Weiterentwicklung der Regelversorgung auf Basis der Ergebnisse diskutiert. Im Fokus der finalen Sitzung des Nutzer*innenbeirats stand der im Projekt entwickelte und erprobte psychosoziale Anhaltsbogen, nachdem dieser von den Teilnehmer*innen des Projekts sehr gut angenommen wurde.

  • Ergebnis- und Evaluationsbericht

    Im November 2021 wurden die zentralen Projektergebnisse im Rahmen einer digitalen Veranstaltung einer breiten Fachöffentlichkeit vorgestellt. Die vollständigen Studienergebnisse wurden im März 2022 in Form eines Ergebnis- und Evaluationsberichts zur Begutachtung durch den Innovationsausschuss beim G-BA eingereicht. Die Berichte werden im Laufe des Jahres 2022 auf der Website des Innovationsfonds veröffentlicht.

  • Modell zur Umsetzung und Finanzierung in der Regelversorgung

    Ein Modell zur Umsetzung und Finanzierung der kindzentrierten psychosozialen Grundversorgung in der Regelversorgung wurde gemeinsam mit relevanten Partner*innen erarbeitet. Da das Projekt eine system- und trägerübergreifende Leistung beschreibt, sind an deren Finanzierung neben den gesetzlichen Krankenkassen die Kommunen zu beteiligen. Gespräche zur Gestaltung eines Selektivvertrags wurden bereits aufgenommen. Mittelfristig wird eine kollektivvertragliche Regelung in Ergänzung zu den bestehenden Schwangerschaftsvorsorgen bzw. Früherkennungsuntersuchungen für Kinder und Jugendliche angestrebt.

Projektergebnisse in Kürze

  • Die Ergebnisse des Projekts KID-PROTEKT deuten auf eine evidente Versorgungslücke unter den aktuellen Bedingungen der Regelversorgung (TAU) hin: Belastete Familien wurden nicht zuverlässig erkannt, angesprochen und unterstützt.
  • Gleichzeitig führte das in KID-PROTEKT erprobte Modell der kindzentrierten psychosozialen Grundversorgung (QT, ST) zu einer im Vergleich zur Kontrollbedingung dreifach höheren Vermittlungsrate von unterstützungsbedürftigen Familien an Hilfsangebote. Das heißt, die geschulten Mitarbeitenden der Frauen- sowie Kinder- und Jugendarztpraxen konnten mittels einer systematisch durchgeführten erweiterten psychosozialen Anamnese ihrem gesetzlichen Auftrag zur bedarfsorientierten Information über regionale Unterstützungsangebote für Eltern und Kind (§§ 24 d, 26 SGB V) signifikant besser nachkommen als Praxen im Kontrollarm.
  • Bei intensivem bzw. komplexem Unterstützungsbedarf erwies sich die Zusammenarbeit der Praxen mit spezialisierten (sozial-)pädagogischen Fachkräften – den Babylots*innen – als effektive und praktikable Lösung, um vulnerable Gruppen aktiv in Hilfen zu begleiten (ST). Ohne die Option, Familien in die sogenannte Lotsensprechstunde zu überweisen, stellte in diesen Fällen die Vermittlung für Praxen eine große Herausforderung dar (QT).
  • Alle beteiligten Akteur*innen – Leistungserbringer*innen und Familien – zeigten große Zufriedenheit mit der neuen Versorgungsform (QT, ST). Die sehr hohe Teilnahmerate von bis zu 97 Prozent belegt die Akzeptanz des Angebots aufseiten der Familien. Alle befragten Praxismitarbeitenden sahen einen Mehrwert für die Praxis, unabhängig von der Facharztrichtung oder Berufsgruppe. Die Umsetzung im Versorgungsalltag von Frauen- sowie Kinder- und Jugendarztpraxen erwies sich als praktikabel. Hervorzuheben ist dabei die wichtige Rolle der geschulten medizinischen Fachkräfte, die einen bedeutenden Teil der Leistungserbringung in den Praxen erfolgreich übernahmen.
  • Von einer prinzipiellen Übertragbarkeit der Ergebnisse ist auszugehen. Auf dieser Basis befürworten die Evaluator*innen eine Übertragung der „Kindzentrierten psychosozialen Grundversorgung im Ambulanten Sektor“ nach dem Modell KID-PROTEKT auf die Regelversorgung. 

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Nicolas Haustedt
Politischer Referent

Nicolas Haustedt

Jahres- und Wirkungsbericht 2021

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